Otto Nebel

Maler und Dichter

1892–1973

Ausstellung Otto Nebel im Kunstmuseum Bern 2012/13

 09.11.2012 – 24.02.2013

Medienmitteilung Kunstmuseum Bern

 

VIELSEITIGER BILD- UND WORTKÜNSTLER

 

Das Kunstmuseum Bern präsentiert das malerische und literarische Schaffen von Otto Nebel (1882–1973) in einer grossen Überblicksausstellung. Nebel wurde in Berlin geboren und emigrierte nach Bern, wo er seiner vielseitigen künstlerischen Arbeit nachging. Der Maler und Dichter war auch als Schauspieler und Sprecher tätig. Im Zentrum der Ausstellung stehen die Wechselbeziehungen zwischen den visuellen und literarischen Darstellungsformen, mit denen Nebel – wie viele Vertreter der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts – experimentierte.

 

Die Ausstellung zum 120. Geburtstag Otto Nebels bietet die Möglichkeit, den intermedial arbeitenden Künstler neu zu entdecken. Die Retrospektive stellt die Wechselbeziehungen zwischen visuellen Darstellungsformen (Malerei, Zeichnung, Grafik und Collage) und literarischen Texten, zwischen Bild und Wort/Schrift ins Zentrum. Thematisch gegliedert und nach Stationen der Biografie werden Nebels wichtigste Werke präsentiert.

 

Erlebnis und Gefühl im Zentrum

Geprägt haben Otto Nebel seine verstörenden Erfahrungen an der Front und anschliessend in englischer Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg. Nach Berlin zurückgekehrt, wurde Nebel Mitglied der Bewegung um Herwarth Walden, der mit seiner Galerie „Der Sturm“ und der gleichnamigen Zeitschrift avantgardistischen Strömungen in Kunst, Literatur und Musik ein bedeutendes Forum bot und so dem Expressionismus zum Durchbruch verhalf. Nebel war in diesen Kreisen als Wortkünstler hervorgetreten. Er lieferte sowohl Texte wie erste Linolschnitte für die Publikation „Der Sturm“. Nebels Werk war früh geprägt von der Auffassung einer reinen gegenstandslosen Malerei, die das künstlerische Erlebnis und das Gefühl ins Zentrum stellt. Die Idee, die Revolution der modernen Kunst könne auch den gewünschten gesellschaftlichen Wandel herbeiführen, verband ihn mit anderen Avantgarde-Künstlern.

 

Reduktion auf das Wesentliche

In den 1920er Jahren schuf Nebel seine ersten Runenfugen, Gedichte, die aus einer beschränkten Anzahl Buchstaben bestehen. Der gelernte Baufachmann Nebel, den die gotische Dombaukunst faszinierte, wandte sich auch der systematischen Untersuchung von Farben und geometrischen Flächen zu. Aufenthalte in Italien gehörten zu den einschneidenden Erlebnissen. Hier erstellte Nebel 1931 den Farben-Atlas von Italien, der auf zahlreiche Werke Einfluss nehmen sollte. Nach der Emigration nach Bern im Jahr 1933 löste sich Nebel zunehmend vom Gegenständlichen und fand zu jener zeichenhaften Bildsprache, die er seine Runenbilder nannte. Einen grossen Einfluss auf Otto Nebel hatte die Begegnung mit dem Werk von Franz Marc sowie die Freundschaften mit Wassily Kandinsky und Paul Klee.

 

Otto Nebel schenkte 1969 dem Kunstmuseum Bern rund 200 Werke. Sein Nachlass wurde nach seinem Tod 1973 der Otto Nebel-Stiftung mit Sitz in Bern einverleibt mit insgesamt über 2000 gemalten Arbeiten, 4000 Zeichnungen, mehreren Hundert Linolschnitten, einzelnen Klebebildern und Mosaiken sowie umfangreichen literarischen Dokumenten und Briefen. Sein schriftlicher Nachlass wurde unlängst dem Schweizerischen Literaturarchiv übergeben.

ZUR UNZEIT GEGEIGT...» OTTO NEBEL, MALER UND DICHTER

 

Die Ausstellung zum 120. Geburtstag Otto Nebels (1892-1973) zeigt erstmals das gesamte Werk des bildenden Künstlers und Schriftstellers, der jahrzehntelang in Bern ansässig war. Sie stellt die Wechselbeziehungen zwischen den visuellen Darstellungsformen Malerei, Zeichnung, Graphik und Collage und literarischen Texten, zwischen Bild und Wort ins Zentrum. Thematisch gegliedert und nach Stationen der Biografie werden Nebels wichtigste Werke in Malerei und Dichtung präsentiert.

 

Bei Otto Nebel ist nicht nur von einer Doppelbegabung zu sprechen. Wie viele Vertreter der Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts experimentierte Nebel mit Sprache, bildender Kunst und Musik. Sein übergeordnetes Bemühen war, „aus Elementen Sinngebilde, Modelle von Harmonie herzustellen“. Die Ausstellung zeigt, dass bei Nebel das lyrische vom malerischen Werk nicht zu trennen ist, und dass er als intermedial arbeitender Künstler neu entdeckt werden kann.

 

Als Mitglied der „Sturm“-Bewegung um Herwarth Walden war Nebel als Wortkünstler hervorgetreten und lieferte sowohl Texte wie erste Linolschnitte für deren Publikation. In den Zwanziger Jahren schuf Nebel seine Runenfugen, Dichtungen, die aus einer beschränkten Anzahl Buchstaben bestehen. Die Abstraktion, die er hier anstrebte, hielt in seinem bildnerischen Schaffen erst später Einzug. Nebel war ein minutiös arbeitender, technisch sorgfältig abwägender Künstler. Er ‹baute› seine Gemälde und farbigen Blätter oft in zähen Arbeitsgängen Schicht um Schicht auf dem mehrmals präparierten Malgrund auf. Zu den einschneidenden Erlebnissen gehörten Aufenthalte in Italien, wo er seinen sogenannten Farbenatlas erstellte, der auf zahlreiche Werke Einfluss nehmen sollte. Analog zu den Schriftzeichen der Runenfugen bilden Farbe und Licht in den teilweise gegenständlichen Landschaften und Stadtansichten eine eigenständige Bildebene. Mitte der Dreissiger Jahren löste sich Nebel zunehmend vom Gegenständlichen und bediente sich jener zeichenhaften Bildsprache, die er seine Runenbilder nannte. Und doch war diese Bildsprache für ihn nicht eigentlich ‚ungegenständlich’, denn er hielt fest: „In meiner Kunst stehen nur Dinge ... reine Geschehnisse innersten Lebens“.

 

Nebel schenkte 1969 dem Kunstmuseum Bern rund 200 Werke, zudem wurde sein Nachlass nach seinem Tod der Otto Nebel-Stiftung mit Sitz in Bern einverleibt. Der schriftliche Teil wird heute im Schweizerischen Literaturarchiv aufbewahrt. Für die Ausstellung wird die Werkauswahl mehrheitlich aus diesen Beständen getroffen, ergänzt mit Werken aus Galerie- und Privatbesitz und mit Querverweisen auf Künstler, mit denen Nebel künstlerisch und persönlich in Beziehung stand. Die reich illustrierte Begleitpublikation soll ein Referenzwerk über das dichterische und malerische Schaffen von Otto Nebel werden.